Lars Wunder wurde im März 1970 in Berlin geboren
1989 begann er ein Studium für Malerei an der Alanus-Hochschule in Alfter bei Bonn
aktuell lebt und arbeitet er in Dortmund
In der Zusammenstellung der Werke des Künstlers, Lars Wunder, werden zwei Darstellungen der bildenden Künste exponiert. Zum einen die Malerei, zum anderen die Objektkunst. Beiden Darstellungsarten liegt die gleiche Intention zugrunde.
Die Intention betrifft allein das Schaffen selbst, nicht das fertige Ergebnis. Der Abschluß der künstlerischen Arbeit endet nicht, weil das Kunstwerk fertig ist - ein Kunstwerk ist nie fertig! - sondern weil der Künstler sich aus dem Prozess zurückzieht.
Der Betrachter kann den Eindruck gewinnen, dass das fixierte Informel sich höchst aktiv darstellt. Gerade weil es unfertig ist, stellt es sich wie in einer Bewegung dar oder befindet sich schon im Auflösungsprozess. Je nachdem wie die individuelle Wahrnehmung in die Vielschichtigkeit eintaucht. Die Werke zeigen sich nonfigürlich und absichtslos - keinem Konzept folgend, emotional und impulsiv, sich gestaltend und entstaltend. Der Betrachter nimmt an einem Atmungsprozess teil.
Einige der Bilder bieten einen Übergang von der Bildfläche zur Raumdimension. Die Fläche wächst in den Raum. Sie sind überlagert, geschichtet, gestapelt. Manche der Bildobjekte sind in Paaren oder bilden eine Reihe, ein Thema. Holzrest auf Holzplatte, Papierblock mit Bleistift bekritzelt, angeheftet mit rostigen Metallklammern.
Andere Werke treten dem Betrachter entgegen wie antiquierte Bücherreste, die man den Flammen entrissen hat. Verknickt, verbogen, verbrannt, Destruktionen, diffuse Kleister- und Farbkombinationen.
Aber auch umgekehrt wird die Objektkunst zur Fläche der Malerei. Zum Untergrund und Träger der Farben.
Betrachtet man die Malerei des Künstlers, fällt auf, dass die klassische Leinwand anderen, unterschiedlichen Materialien weicht. Glatte Kunststoffplatten dienen als Trägerelemente. Darauf gebrochene Teerpappe, vergilbtes Papier, Kartonfetzen und alte, zerfranzte Pappreste, fixiert auf quadratischen und rechteckigen Kunststoffplatten. Diese wirken in ihrem glatten und sterilen weiß stark kontrastiert. Pappreste und Kartonfetzen. Die verschmierten Farben haften als wären sie zufällig darauf gelangt. Starke Kontraste auch bei den Farben, schwarz und weiß. Lars Wunder arbeitet dabei mit einem breiten Repertoire an Ölfarbe, Kreide, Acryl, Schuhcreme, Fensterkitt, Bleistift, Ölkreide und Wandfarbe. Es entwickelt sich schnell ein Spannungsfeld. Die ungleichen Teile widerstreben und stoßen sich ab, heben sich gegenseitig aber wieder hervor. Es entsteht bei der Betrachtung das Bedürfnis mitwirken zu wollen. Ein dynamischer Prozess zwischen Kunstwerk und Betrachter. Pastellfarben in graubraun, rostbraun und diverse erdige Lehmfarben entspannen leicht die Kontraste und wirken rezessiv. Einige wenige Pointierungen in rot, rosa und grün treten lebendig, aber zurückhaltend in Erscheinung.
Die Plastiken sind allesamt entstanden aus Bau- und Werkmaterialien, Alltagsgegenständen, Industrieteilen sowie Müll- und Abfallprodukten. Alle Werkstoffe entkleidete der Künstler seinem Nutz- und Zweckcharakter. Diese Materialien dienen als Inspirationsquelle. Alles wird neu konstruiert und dekonstruiert zu Collagen und Decollagen. Die Werke sind eine Momentaufnahme, situativ. Unmittelbarer Ausdruck wird zum Eindruck. Sie entwickeln geradezu ein Eigenleben, dass nicht nur vom Zentrum ausgeht, vielmehr in einem dynamischen Wechsel von Peripherie und Mitte pulsiert. Durch Einbrüche in die Kunstobjekte entstehen offene und halboffene Innenräume oder Einschlüsse. Umwicklungen um die Innenräume muten wie Kokons an, die die Objekte vielschichtig und spannend machen. Teilweise sind die Hohlräume verschnürt, verdrahtet, umwickelt oder verklebt und bekommen dadurch einen fast geheimnisvollen Charakter.
Marcus Norden